Presse

Auszüge aus der Presse


Unten finden Sie einige ausgewählte Presseartikel, die sich mit unserem Engagement für den Tango Argentino in Braunschweig und Umgebung befassen. Es handelt sich dabei  um Auszüge.

Nachlese zum Jubiläum
Auszug aus Braunschweiger Zeitung vom 10.01.2018

Braunschweig. Tango macht süchtig. Und manche, die es erwischt hat, entwickeln diese unbändige Lust, andere mit ihrer Sucht anzustecken. Wie Birgit Disenko und Otto Köllner.

Sie waren vor 30 Jahren die ersten Tanzlehrer, die, eng umschlungen, in Braunschweig den Tango Argentino vortanzten. Nicht den deutschen Standardtango mit seinen merk-würdigen ruckartigen Kopfbewe-gungen, sondern den Tango, wie er um 1900 in Buenos Aires und Montevideo entstand...
 
(Birgit und Otto)...haben ihr Projekt "Tangofatal" genannt. Fatal als Begriff für diesen Hauch von Verhängnis. Beim Tango gibt man leicht mehr, als die Mutter erlaubt hat. Aber der Norddeutsche, kein leidenschaftlicher Menschenschlag, seht sich nach Nähe und Umarmung. So wird aus einem Mauerblümchen eine Femme fatale, die beim Tango den Mann für Minuten an sich bindet. Auch die Tänzer blühen auf. Ihr schleichender Schritt, ihre kunstvoll gesetzten Pausen stehen für Männlichkeit und Sensibilität....

...Ich weiß nicht mehr, wann ich Birgit und Otto zum ersten Mal gese-hen hab. So um 2007. Faszinierend für mich, was Birgit beim Tanz mit ihren Beinen anstellte. Wie Kalligraphie. Mit ihren Füßen malte sie Achten und Kreise auf den Boden. Und Otto machte mit beim Dialog der Beine, umhakelte ihr Spielbein oder schob es weg.
Aber das Ganze wirkt halt nur durch die Musik der großen Tangoorchester. Etwa die von Carlos di Sarli, Juan D´Arienzo, Osvaldo Pugliese oder Anibal Troilo, deren Musik in deutschen Radioprogrammen nicht gespielt wird.
Aber Otto hat die schönsten CD´s, legt gerne auch mal die Neotangos eines Astor Piazzolla auf, die freilich schwer zu tanzen sind.
Birgit und Otto unterrichten die klassische argentinische Version. So inspiriert kann man überall auf der Welt den Tango tanzen, und immer wird man verstanden. Wir reisen mit ihm und kehren mit ihm zurück....

....Ich persönlich habe mich aber manchmal gefragt: Was sind das eigentlich für Texte, die beim Tango gesungen werden? ....

... Der unglückliche Mann: das dichterische Standardthema. Eine traurige Gestalt, die sich betrinken muss, um das Mädchen zu ver-gessen, das ihn verließ. Tango, das ist auch die Bitterkeit der Imigranten über die verlorene Heimat und den zerschlagenen Traum.
Den freudigeren Teil, Nähe, Harmonie und Umarmung, ver-bunden mit der Lust, ein bisschen anzugeben, gibt´s montags bei den Tanzabenden von Birgit und Otto.
Von Harald Duin

30 Jahre TANGOfatal
Auszug aus tangodanza 4/2017

Ende der 80er Jahre, wie sah der Tango dieser Zeit aus?
Birgit: Das war mehr so ‚20er-Jahre-Tango’. Da waren auch Elemente drin aus dem klassisch-europäischen Tango mit manchmal festen Figurenkombinationen, vielen Posen.
Otto: Es war eigentlich Tanztheater. Wir haben auch viel improvisiert. Das könnte man unseren Freistil nennen, mehr oder weniger. Es gab ja kaum klassische Tangomusik. So haben wir fast nur zu Piazzolla getanzt, sehr expressiv, dramatisch und bühnenwirksam. Es sollte alles gut aussehen.

Woher kamen eure Anregungen? Und wie hat sich der Stil des Tango in diesen 30 Jahren verändert?
Birgit: Wir haben viele Workshops besucht, den ersten 1988 bei Brigitta Winkler und Angelika Fischer in Hamburg.
Otto: Wir stellten fest, dass diese Lehrerinnen etwas ganz anderes tanzten als wir. Brigitta und Angelika haben uns erst mal die Base beigebracht, aus der heraus sich dann das Figurenrepertoire und der Tanz entwickeln. Da haben wir zum ersten Mal gehört, dass es so etwas gibt.
Birgit: Auch Michael Domke hat uns später sehr geprägt. Da ging es halt wirklich in gewisser Weise um Führungsqualitäten und nicht mehr nur um abgesprochene Figuren.
Otto: Trotzdem bestand die Base immer noch aus Schrittkombinationen, die man teilweise auswendig lernte.
Birgit: Da war noch nicht viel von Führung durch den Körper und die Präsenz zu spüren, wie wir es heute unterrichten. Auch Partnerwechsel waren in den Tangokursen nicht so üblich wie heute.

Wann kam für euch das Prinzip des Führens und Folgens stärker in den Tango hinein?
Otto: Das kam eigentlich erst Ende der 90er Jahre, Anfang 2000. Ein Vorreiter war Eric Jeurissen, dem wichtig war, dass jede Kleinigkeit geführt wird. Dadurch wird der Tanz eine Art Gespräch zwischen Frau und Mann beziehungsweise zwischen Führen-dem und Folgenden.
Birgit: Daraufhin haben wir unseren Tanz- und Unterrichtsstil nochmals grundlegend umgestellt. Da ging es dann wirklich um die Präsenz und die Verbindung im Paar, also auch um die Qualität von Berührung, wie viel oder wenig Spannung braucht man im Paar, wie werden Impulse kommuniziert, aufgenommen und umgesetzt.

Was ist euch heute wichtig in eurem Unterricht?
Otto: Die Wahrnehmung dafür zu vermitteln, wer steht wo, auf welchem Bein, auch als Folgende in meiner Achse und meinem Mittelpunkt zu warten, bis ich einen Impuls für eine Bewegung bekomme. Und vor allem, als Führende nicht mit den Armen zu drücken oder zu ziehen, sondern mit dem Präsenzbereich zu führen.
Birgit: Und dass der Führende die Bewegung, die er initiiert, auch ein Stück weit innerlich vorwegnimmt und begleitet. Für weiter Fortgeschrittene auch die Musikalität.

Vielen Dank für dieses Gespräch. Bitte vollendet zum Abschluss diesen Satz: Tango ist für mich…
Otto: … etwas sehr Körperliches und Sinnliches, es bringt einem Menschen, die man noch gar nicht kennt, und mit denen man tanzt, doch sehr nahe, nicht nur körperlich, sondern auch im Spüren des anderen. Das fasziniert mich.
Birgit: … Begegnung, Wärme, Nähe, Versammeltsein, Zeitlosigkeit, Spannung, Innigkeit und auch Erotik.
Felicitas Nicolai-Kujawa

20 Jahre TANGOfatal
Auszug aus tangodanza 4/2007

Der Tango und seine Geschichte

Auch die von Birgit Disenko und Otto Köllner hat er geschrieben. Im Dezember feiern sie jetzt 20 Jahre TANGOfatal, 20 Jahre, in denen Birgit und Otto der Braunschweiger Tangoszene eine Basis und ein unverwechselbares Flair gegeben haben.
Birgit sah 1985 auf einer Party Juan Dietrich Lange Tango Argentino tanzen „und ich dachte: Das ist mein Tanz!“ Kurz darauf zog Birgit nach Braunschweig und stieß auf eine „tangofreie Zone“. Doch der Musiker Penny Penski aus Bremen wurde als Gastlehrer zu einem Tangoworkshop ins KulturGut Heiningen nahe Wolfenbüttel eingeladen – und auf diesem Workshop begegneten sich Birgit und Otto.

Die beiden beschlossen relativ schnell, gemeinsam Übungsstunden abzuhalten und selbst zu unterrichten – nur allein miteinander tanzen, das wollten Birgit und Otto nicht. Ihre Kurse waren gut gefüllt.
Denn Birgit und Otto sind nicht nur herzliche, sondern auch fantasievolle Gastgeber. Die Milongas Especiales wie die Schokoladenverköstigungs- und die Rosenmilonga, die sie  zusammen mit Stefan Böhme gestalten, sind weit über die Grenzen Braunschweigs hinaus bekannt.
Gemeinsam mit den Partnern von TU TANGO organisierten sie verschiedene Bälle mit Workshops, zu denen namhafte Musiker wie Libertango, Trio Pantango, Sexteto Andorinha oder Quinteto Angel geladen wurden. Oft ließ es sich Birgit als Gastgeberin nicht nehmen, gemeinsam mit den Musikern auf der Bühne zu stehen – denn Sängerin ist sie auch.
So schaffen die beiden seit 20 Jahren in Braunschweig eine unverwechsel-bare Tangoatmosphäre. Birgit und Otto verstehen sich als Initiative, die vieles initiiert. Und darauf dürfen die Braunschweiger und auswärtige Tango-Gäste weiterhin gespannt sein.
Felicitas Nicolai



 TANGO - eine leidenschaftliche Vereinigung auf Zeit..

 
...über das Phänomen “Tango Argentino”
von Birgit Disenko und Otto Köllner

  Er erhebt sich, sucht ihren Blick: zur Tanzfläche weisende Kopfbewegung, ein bejahender Augenaufschlag von ihr, dann stehen sie sich auf der Tanzfläche gegenüber. Besitzergreifend legt er den Arm um ihren Rücken, ein kurzes sich Einwiegen, ein Abtasten der Körperinformationen des anderen - und schon flitzen Beine in Drehungen, Haken,
 Wirbeln über den Tanzboden, während die Oberkörper merkwürdig ruhig bleiben.
          Was machen die da?                                                                                  
  Sie tanzen Tango, den “echten”, den argentinischen - nicht den in Europa so verbreiteten, quasimilitärischen und  Standardtango.

  Argentinischer Tango, das heißt - ein Gedanke, den man tanzt, eine Stimmung, eine Melancholie und vor allem: Eine Beziehung zwischen zwischen diesen beiden da auf der Tanzfläche, eine, die sich in jeder Sekunde ändert, neu definiert wird.
  Spannung: kommt sie mit? Bricht sie aus? Wohin geht sein nächster Schritt? - und diese Kommunikation findet scheinbar nur mit den wirbelnden, flitzenden Beinen statt. Kommunikation der Körper plus ständiges Überraschen und Einfühlen macht die erotische Spannung greifbar.
  Im allgemeinen nimmt man an, dass die Ursprünge des Tango um 1880 datieren, in einer Zeit, in der Massen von (überwiegend männlichen) Einwanderern nach Buenos Aires strömten. Der Traum vom schnellen Wohlstand erfüllte sich für viele von Ihnen nicht. Sie mussten im Gegenteil in den armseligen “Conventillos”, den Mietskasernen im Hafenviertel von Buenos Aires, zusammengepfercht mit acht bis zehn anderen Personen in einem Zimmer, ihr Leben fristen. Naturgemäß wucherte hier, wo die Anzahl der Männer die der Frauen bei weitem überstieg, die Prostitution und die Zuhälterei.                                                    
In dieser drangvollen Enge, die durch Armut, Krankheit und verlorene Hoffnung gekennzeichnet war, entstand aus den verschiedenen musikalischen Einflüssen der Tango.
  Die Spanier und Italiener trugen ihre kantablen Melodien und die Poesie, die Habanera aus dem karibischen und der Canyenge aus dem brasilianischen Raum steuerten den Rhythmus bei. Und schließlich prägte das deutsche Bandoneon, von den Seeleuten nach Buenos Aires gebracht, die Musik des Tango.
  Lange blieb der Tango als gesellschaftlich nicht aktzeptable Musik auf die Rotlichtviertel von Buenos Aires beschränkt, allenfalls tauchte gelegentlich ein gelangweilter Ehemann der Oberschicht in den schummrigen Tanzsalons auf, um einmal die Früchte der Unmoral und des Lasters zu genießen.
  Doch zurückkehrende Auswanderer brachten den Tango mit nach Europa, wo er ab 1911 als prickelnder
 Modetanz Eingang in die Pariser Salons fand. In der Folge trat er seinen Siegeszug durch Europa an und fand so auf Umwegen in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts auch seinen Platz in den Salons der europhilen Oberschicht Argentiniens.
  Der Tanz wurde ein wenig “entschärft”, man tanzte nicht mehr so eng,dafür um so elegante und
 virtuoser den “Tango del Salon”, und auch aus den Texten verschwand das “Lunfardo”, der burleske und direkte Dialekt der Hafenbevölkerung. Ein Beispiel hierfür ist Anfang der 30er Jahre der berühmte Sänger Carlos Gardel, der von allen “Tangueros” glühend verehrt wurde und mit dazu beitrug, dass der Tango in allen Schichten als nationales Kulturgut akzeptiert wurde.

  Natürlich existierten auch während der 30er und 40er Jahre neben den eleganten Salons der Mittel- und Oberschicht die einfachen Tanzveranstaltungen für das Volk, die weiterhin in großen Sportarenen oder auf der Straße in den einzelnen Vierteln stattfanden. Aus dieser Zeit stammen die Legenden der großen Tänzer wie El Cachafaz, Vasco Ain oder Mendez.
  Als gegen Ende der 40er Jahre eine Militärdiktatur die andere ablöste (ab 1953 Juan Peron), begann der Niedergang des Tango. Immer noch als Keimzelle der Unmoral, Subversion und Anarchie betrachtet, wurde er von den Militärs als Tanzveranstaltung zunehmend verboten. Doch der Tango überlebte als Lied im Bewusstsein der Argentinier, bis er in den 80er Jahren seine
Neuentdeckung als Tanz durch die Europäer erfuhr und in der Folge auch in Argentinien einen Aufschwung sondergleichen erlebte.
  Was lässt uns diesen alten Tanz heute noch so attraktiv erscheinen, dass in allen größeren Städten Deutschlands und Europas argentinischer Tango getanzt wird?
  Die Suche nach Freiheit im Einzeltanz, das Abhotten, Zudröhnen in der Disco hat zu Coolness und Isolierung geführt. Der Tango ist ein inniger Dialog, eine Form der Kommunikation ohne Worte, aber auch die Konfrontation zweier Menschen in ihrer Körperlichkeit: Mann und Frau...
  Während in anderen Tänzen die choreographische Form (also: Reihenfolge der Schritte, Raumbedarf..) für das Wesen des Tanzes bestimmend ist, lässt sich der Tango nicht festlegen. Er schöpft seine Lebendigkeit aus Improvisation, Gefühl und Kommunikation. Die unendlichen Formen der Begegnung zwischen den Tänzerinnen und Tänzern: Umarmung, Schönheit, Stolz, Bewunderung, Witz, Abgrenzung, Besitz, Hingabe, Geborgenheit... haben ihren Platz im Tango.
          Der Tanz wird zu einer gemeinsamen Reise - einer Vereinigung auf Zeit              
  Die Voraussetzungen für die Vermittlung eines Tanzes ohne generelle Regeln, dessenGrenzen in seiner ästhetischen Wirkung, dem anderen Körper, durch andere Paare festgelegt sind, werden in Europa durch eine Vielzahl von Tangostudios, Initiativen und Workshops von erfahrenen argentinischen und deutschen Tänzerinnen und Tänzern geschaffen.

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